Influencer mit Hindernissen: Fragen und Antworten zu Artikel 13
25 Mär, 2019Am 26. März ist es soweit: Das EU-Parlament stimmt über Artikel 13 des EU-Richtlinienentwurfs ab. Viele Wochen wurde im Internet, im Fernsehen und natürlich auch in unserer Influencer Marketing Agentur über die neue Urheberrechtsreform diskutiert – am Samstag gipfelte der Protest schließlich in deutschlandweiten Demonstrationen mit über 50.000 Teilnehmenden. Auch namenhafte YouTuber wie Julien Bam oder LeFloid stellen sich auf die Seite der Protestanten – kein Wunder! Schließlich sollen gerade Influencer, die oft hauptberuflich Content ins Internet stellen, vom neuen Online-Urheberrecht betroffen sein. Aber welche konkreten Veränderungen sieht Artikel 13 eigentlich vor und welche Hindernisse ergeben sich daraus für Influencer? Für viele ist der neue EU-Richtlinienentwurf nach wie vor ein leeres Konstrukt, weshalb wir hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu Artikel 13 einmal zusammengefasst haben.
>> Update 27.03.2019: Die Abstimmung des EU-Parlements ist mittlerweile gelaufen - mit 74 Stimmen Mehrheit wurde die Urheberrechtsreform mitsamt Artikel 13/17 durchgewunken. <<
#Der Auslöser: Was ist die sogenannte „Value Gap“?
Wie bei Reformen üblich, gab es auch für den neuen Urheberrechts-Entwurf einen konkreten Auslöser: die „Value Gap“. Damit ist ein Wertschöpfungsungleichgewicht gemeint, welches dadurch entsteht, dass Internetseiten wie YouTube zwar fast ausschließlich durch die Arbeit von „Kreativen“ bespielt werden, die Seitenbetreiber selbst aber am meisten an diesem Content verdienen. Das kommt daher, dass YouTube und Co. als reine Infrastrukturanbieter aktuell keine Nutzungsrechte für den Content auf ihrer Seite benötigen – diese Verantwortung liegt bis dato bei den „Uploadern“ – egal, ob Influencer oder Privatperson. Trotzdem verdienen die Seitenbetreiber natürlich gigantische Summen durch die Inhalte. Das Wertschöpfungsgleichgewicht ist also zum Nachteil der Urheberrechtsinhaber verschoben.
#Die vermeintliche Lösung: Was steht in Artikel 13?
Artikel 13 soll das Problem der unverhältnismäßigen Vergütung von Content-Herstellern lösen: Wenn die Urheberrechtsreform in Kraft tritt, wird nämlich die Leistung von YouTube und Co. – das Bereitstellen der nötigen Infrastruktur zum Upload und Abruf von Content – ebenfalls als urheberrechtliche Nutzungshandlung gewertet.
Oder einfach gesagt: Die User Uploaded Content-Plattformen müssen sich selbst um die erforderlichen Nutzungsrechte kümmern. Dadurch werden sie gezwungen, sogenannte Lizenzvereinbarungen mit den Urheberrechtsinhabern abzuschließen. User könnten dann urheberrechtlich geschützte Inhalte legal und ohne weitere Lizenzierung auf YouTube und Co. hochladen, während die Content-Hersteller im Gegenzug eine faire Vergütung für die jeweiligen Nutzungsrechte erhalten.
#Welches neue Problem könnte die Urheberrechtsreform mit sich bringen?
Soweit scheint Artikel 13 also eine Erleichterung für YouTube Influencer und User zu sein – die Urheberrechtsreform bemüht sich einerseits um eine faire Vergütung der „Kreativen“ und überträgt andererseits die Haftpflicht vom Nutzer auf den Seitenbetreiber. Warum protestieren also zehntausende junge Leute sowie namenhafte Influencer wie LeFloid und Julien Bam seit Wochen gegen den EU-Richtlinienentwurf? Dahinter steckt die Sorge um sogenannte Upload-Filter. Da betroffene Seitenbetreiber in Zukunft in der Verantwortung stehen, nicht-lizenzierte Inhalte von ihren Online-Plattformen fernzuhalten, sind sie gezwungen, eine massentaugliche und gleichzeitig kostensparende Lösung zu finden. Upload-Filter sind dabei für YouTube und Co. wahrscheinlich der effizienteste Weg. Allerdings fürchten viele, dass durch die automatisierten Filter fälschlicherweise auch Inhalte gesperrt werden, die den Richtlinien entsprechen – und das käme einer Zensur gleich.
#Worst Case: Wie würde Artikel 13 die Arbeit der Influencer beeinflussen?
Genau wie viele Privatpersonen sind auch die meisten Influencer der Meinung: Eine faire Vergütung der kreativen Inhalte ist zwar wichtig und erstrebenswert, sie darf aber nicht zu Lasten der Freiheitsrechte gehen. Doch wie würde Artikel 13 die Arbeit der Influencer überhaupt beeinflussen? Warum können sich YouTuber nicht einfach an die Richtlinien halten? Das ist tatsächlich leichter gesagt, als getan: So könnten die Algorithmen der automatisierten Upload-Filter womöglich keine Satire oder Zitate im Content erkennen und würden den aufwändig erstellten Inhalt einfach löschen. Ein Worst Case wäre außerdem, dass YouTube, Dailymotion und Co. die entsprechenden Kanäle vollständig sperren und aufgrund des Haftungsrisikos in Zukunft nur noch mit Account-Inhabern zusammenarbeiten, die ihre eigenen Inhalte streng und durch eine eigene Rechtsabteilung auf mögliche Rechtsverletzungen kontrollieren. Ein Großteil der Influencer könnte dies gar nicht leisten und würde unter diesen Umständen nicht nur einen Teil seiner Meinungsfreiheit, sondern auch seine Haupteinnahmequelle verlieren.
Letztendlich handelt es sich beim Thema „Upload-Filter“ jedoch um reine, wenn auch begründete, Spekulationen – Artikel 13 des EU-Richtlinienentwurfs macht den Online-Plattformen nämlich keinerlei Vorgaben, wie sie die neue Verantwortlichkeit umzusetzen haben. Als Influencer Marketing Agentur warten wir also weiterhin gespannt darauf, welches Ergebnis die Abstimmung am 26. März bringt und wie es danach mit YouTube-Deutschland und seinen Influencern weitergeht!